Falcas, Toninos und Payaras – Eine Reise zum Guayabero

Eine Geschichte zum Lesen.

Der Guayabero entspringt in Guaviare im Südosten Kolumbiens und fließt nach Venezuela. Es war im Januar, als der Fluss noch viel Wasser führte. Mein Vater und die Reisenden trafen sich im Zentrum von Bogotá. Dort brachen wir um 2.00 Uhr nachts in die Stadt Villavicencio auf. Zum Frühstück tranken wir Aguardiente (Feuerwasser) und traten danach die Reise nach San José del Guaviare an. Ein Boot wartete auf uns, aus Baumstämmen gebaut und sehr lang, etwa 50 Meter. Die Indios nennen es Falcas. Wir waren 30 Personen, nahmen die Angelausrüstung und Lebensmittel mit. Wir sind lange auf dem Wasser gefahren, bis wir den Ursprung des Guaviare-Flusses erreichten. Dort bilden sich die berühmten “Raudales” – das sind die Wellen, die durch den Aufprall des Wassers auf die verschiedenfarbigen Steine entstehen. Die Stelle dort ist wunderschön: das Wasser kristallklar, atemberaubende Natur und wir waren umringt von Mangroven. Ein Ort, wo das Nebeneinander von Natur und menschlicher Besiedlung noch intakt und deutlich spürbar ist. Der Fluss ist sehr beliebt zum Fischen. Dort fängt man hauptsächlich Welse – die Payaras. Sie sind sehr groß und schwer, mit langen, scharfen Zähnen. Die Einheimischen fangen die Welse gewöhnlich mit sogenannten Guarales (dicke Haken mit großen Zinken) und verwenden andere kleine Fische als Köder. Sie binden die Haken an dicke Äste, werfen sie in den Fluss in Richtung der Strömung und warten stundenlang, bis ein Fisch anbeißt. Und so haben wir es in den Tagen nach unserer Ankunft auch getan. Wir saßen da und warteten, dass einer anbeisst. 

Angeln, am Fluss sitzen und Karten spielen, das war unsere neue Routine. Eines Tages bat mein Vater mich, mit ihm zu kommen. Wir liefen flussaufwärts, bis wir eine ruhige Lagune erreichten. Kristallklar, ihr Boden bedeckt mit großen und kleinen Kieseln in den schönsten Farben. Der Fisch, der dort lebte, wird von den Indios „Tonina“ genannt. Er ist rosa und groß, sehr groß, etwa zwei Meter lang! Wir konnten ihn immer wieder springen sehen. Mein Vater holte seine Angel raus. Er warf den Köder rein und sagte zu mir: “Nimm diesen Haken, wenn du einen Fisch herauskommen siehst, hake ihn ein. Aber sei vorsichtig, er hat scharfe Zähne!”  Gesagt, getan. Mit dem Köder führte mein Vater uns langsam zum tieferen Teil des Wassers. Der Fisch sprang raus – und beim Versuch, den Fisch einzuhaken, traf ich nur seinen Rücken. Mein Vater sah den Fisch auf uns zurasen und sagte zu mir: “Cooorra, lauf!” Ich bin gerannt wie nie zuvor, denn als ich die Reißzähne sah, bekam ich richtig Angst. Mit der Nylonschnur hat mein Vater es dann gerade noch geschafft, den Fisch einzufangen. Als wir zurück zur Siedlung kamen, staunten die anderen Fischer über unseren Fang. Es war ein großer, sehr besonderer Payara. Mit blitzenden Zähnen…

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