Flachswerk Steutz – Mein Vater hatte immer einen Traum 

Eine Geschichte zum Lesen.

Mein Vater hatte eigentlich schon immer den Traum, sich einen Familiensitz aufzubauen, wo man nen kleinen Betrieb hat. Er wollte sich selbstständig machen, hauptsächlich in Richtung Pflanzenzucht, und was mit Obst wollte er immer machen. Er hat aber nie wirklich was gefunden und als er jung war, hat er kein Geld gehabt, das war ja kurz nach der Wende. Er schaute trotzdem weiter nach Grundstücken in der Nähe und sah auf einmal ein Foto von diesem grünen Eisengittertor und dachte sich: “Das Gelände kennste doch!” 

Also meine Eltern kannten das alte Flachswerk schon aus ihrer Kindheit vom Unterricht in der sozialistischen Produktion. Es liegt direkt am Hochufer der Elbe etwas ausserhalb von Steutz. Ursprünglich war es eine Kartoffelstärke- und Maisflockenfabrik, 1906 erbaut. Aus der Zeit steht noch die alte Fabrikhalle in typischer roter Backsteinarchitektur. Auch aus der Zeit erhalten ist noch die alte Arbeiterkaserne mit 2 Schlafsälen für die Arbeiter. Es gab sogar mal eine Kranbahn zur Elbe runter, über die konnten Kohle und Waren auf Schiffe verladen werden. Zum Flachswerk wurde die Fabrik dann in der Zeit von Nazideutschland. Man wollte sich unabhängig machen von Bauwollimporten. Da sind im ganzen “Reich” diese Flachsfabriken entstanden. Später wurde es dann VEB Leinenindustrie und zuletzt als Näherei genutzt.  

Meine Eltern sind dann jedenfall 2016 hingefahren und haben sich’s angeschaut. Ein Jahr zuvor hatte die Ortsbürgermeisterin beim großen Ortsjubiläum von Steutz eine Rede gehalten und meinte, das Flachswerk würde in einem Dornröschenschlaf liegen. Das passte ganz gut, weil das Gelände war wie ne Dornröschenhecke, es war total verrückt. Ich wusste: Wenn meine Eltern das machen, kann es schiefgehen. Aber wenn nicht, werden sie ihr Leben lang bereuen, es nicht versucht zu haben. Und dann hab ich mich entschieden zu sagen, wenn wir das machen, komm ich wieder mit aufs Dorf, steig mit ein.

Jetzt wollen wir erstmal die Renovierung vorantreiben, versuchen alle Dächer dicht zu kriegen und das Gelände Stück für Stück nutzbar machen. Wir haben schon Obstbäume gepflanzt, halten Schafe, haben Bienen. Dann wollen wir Ferienwohnungen bauen, einen kleinen Zeltplatz, vielleicht mit Baumhäusern. 

Unser Gelände soll zugänglich sein, wir wollen aber nicht, dass da 500 teure Autos vor der Tür stehen und hier ´ne riesen Gastronomie läuft. Was Ruhiges, was Kleines, was Sanftes soll es sein.

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