Eine Geschichte zum Lesen.
Wir waren während des Sommers 2013 beim Jugendrotkreuz engagiert, als das Hochwasser kam. Ich erinnere mich an diesen einen Nachmittag, so gruselig. Ich saß wie auf heißen Kohlen, weil es hieß, es wird nachalarmiert. Überall war Aufruhr. Wir wurden dann nachts kontaktiert und sind direkt am nächsten Morgen losgefahren nach Dessau. Wir haben medizinisch mit abgesichert, auf der Landebahn vom umfunktionierten Flugplatz, wo Sandsäcke geschippt wurden. Damals war es eben auch total warm – da waren reihenweise Leute, die kollabiert sind beim Schippen. Ein total beklemmendes Gefühl. Die Struktur war nicht da, wir haben sie aufgebaut. Ich habe Radlader fahren gelernt, damit wir nicht in der Hitze über den riesen Platz hechten mussten. Da waren aber auch kleine Momente, die Spaß gemacht haben. Highlights, wie wenn mal eine Sammelbestellung Pizza für alle kam. Als hätte man davor noch nie ein Stück Pizza gegessen.
Wir hatten im Schnitt 36 Stunden Schicht und zu Hause nur drei bis vier Stunden Schlaf. Es kam der Punkt, da hieß es, Aken wird auch evakuiert. Und als der Elbe-Saale Winkel brach, mussten auch wir als Helfer raus aus der Stadt. Wir waren erstmal in Osternienburg an der Feuerwache. Die Stimmung war am Tiefpunkt, wir hatten unsere Stadt zurückgelassen. Und genau in dem Moment, als wir dort saßen, fing es an, in Strömen zu regnen. Das war wie ein schlechter Scherz. Wenig später brach die Taube und hat den letzten Weg aus der Stadt geflutet. Aken, unsere Stadt, war auf sich allein gestellt. Auch die allerletzten Helfer mussten gehen. Das war der Moment, wo bei uns allen, wir waren ja noch so jung, die Anspannung abgefallen ist. Und wir saßen zusammen und haben nur geweint.
Nachdem Aken abgeriegelt war, hat sich unser Helferteam überall hin verstreut. Alle sind woanders untergekommen. Vorher waren wir die ganze Zeit zusammen. Das war strange. Es gab nicht wirklich Raum für eine Auswertung der Erlebnisse. Rückblickend betrachtet ist es richtig krass, was wir, was alle Helfer geleistet haben. So viel Aufregung und Adrenalin. Wir und viele andere wollten einfach nur helfen und haben oft völlig ausgeblendet, wie fertig wir eigentlich sind. Das hat zusammengeschweißt. Zu merken, dass ich und vor allem wir im Team in so einer Katastrophensituation funktionieren, das ist eine ganz eigene Art Verbundenheit.